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Leserfragen beantwortert von Dr. Thomas Shepherd

Ich bin im Ruhestand


Lieber Tom

Ich bin im Ruhestand und langweile mich. (Ist es in Ordnung, das zuzugeben?) Ich möchte eigentlich nicht besonders gerne wieder arbeiten, aber ich kann nicht bloß fischen gehen und Golf spielen, bis ich sterbe. Irgendwelche Gedanken dazu, wie ein Baby-Boomer in Rente den letzten Jahrzehnten des Lebens etwas Schwung verleihen kann? – Senior in Seattle, Washington


Lieber Senior

Absolut! Engagieren Sie sich bei etwas, was Ihnen am Herzen liegt. Retten Sie die Eisbären oder fördern Sie das Bewusstsein für die Erderwärmung; befürworten oder bekämpfen Sie Bohrungen im Meer; arbeiten Sie für die Beseitigung der Todesstrafe oder dafür, sie zu forcieren; kämpfen Sie für oder gegen die Finanzierung legalisierter Abtreibung durch die öffentliche Hand; arbeiten Sie für eine Legalisierung von Arbeitskräften ohne Papiere oder machen Sie eine Kampagne für striktere Grenzkontrollen.

Es gibt genügend Ziele da draußen – von den neurotisch verrückten bis zu den hübsch nuancierten –, dass jeder etwas Passendes finden kann. Bitte realisieren Sie, dass ich hier von Prozessen rede, nicht von Inhalten. Zwar mag ich starke Gefühle im Hinblick auf die offensichtliche Wahrheit und Gerechtigkeit meines eigenen Standpunkts haben; ich bin mir aber auch bewusst, dass andere Menschen ebenso starke Gefühle im Hinblick auf die andere Seite haben. Der Punkt ist: Menschen, die lebhaft von etwas beseelt sind, engagieren sich häufig bei Hilfsorganisationen, und das gibt ihrem Leben einen tieferen Sinn.

Sie tragen etwas zur Sicht der Welt bei. Ob das, wofür Sie eintreten, nun politisch, kulturell, sozial oder religiös ist, das Entscheidende ist ein tiefes Gefühl von Sinnhaftigkeit und Ziel, das sich aus der Tätigkeit ergibt, etwas zu unterstützen, das größer ist als man selbst. Es gibt viele sinnvolle, kreative Aktivitäten. Schreiben Sie ein Buch, vielleicht sogar Ihre Memoiren. Malen Sie, machen Sie Skulpturen, ziehen Sie Tomaten. Belegen Sie Kurse über Kunst und Musik an einer Volkshochschule. (Die früheren Hippies unter uns könnten dabei entdecken, dass pot noch eine andere Bedeutung hat – z.B. etwas, das man auf einer Töpferscheibe aus Ton formen kann.) Schließen Sie sich einer kleinen Theatergruppe an und helfen Sie hinter den Kulissen oder studieren Sie die Rolle des in Weisheit gereiften Charakters ein, den Sie vor 40 Jahren noch nicht hätten spielen können.

Und vergessen Sie nicht die Liebe! Flirten und Kuscheln sind zeitlose Medizin gegen die Belastungen des Alterns. Vor ein paar Wochen erzählte mir ein 70-Jähriger eine Geschichte über seine Freundin. [Er sagte girl–friend.] Ich fand seine Einstellung höchst ermutigend.

Bis zum letzten Augenblick erwartet uns das Leben. Wir haben Zeit. Wir haben die Sonnenaufgänge, gutes Essen und liebevolle Freunde. Wir haben Musik, Dichtung, Drama, Kunst und Literatur. Wir haben Sport, Sex, Politik, Naturstudien, Geschichte, Philosophie und Religion. Fahren wir auf dieser Achterbahn bis zum Ende, weder mit Verzweiflung noch mit Beschwerden. Verschwören wir uns, das letzte Drittel unseres Lebens zum besten Teil von allem zu machen.

Abgerdruck in der JA-Zeitschrift Ausgabe 06 2015


 

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