Warum gibt es Leiden in der Welt?

Lieber Dr. Tom:

Warum gibt es Leiden in einer Welt, die von einem liebevollen Gott regiert wird? –
L.C., Shreveport, Louisiana


Liebe/r L.C.: 

Das Problem, das Sie ansprechen, wird das Theodizee-Problem genannt, und es ist die am meisten gestellte Frage in dieser Kolumne. Es ist auch die allerälteste, schwierigste Frage von allen. Wenn ich jeweils neuen Studenten für das Lehramt bei Unity diese Frage stellte, blinzelten viele und verkündeten, sie hätten die Antwort darauf bereits herausgefunden. 

Meine Reaktion war immer dieselbe: „Wenn Ihnen eine rasche Antwort in den Sinn kommt, haben Sie nicht genügend Zeit auf die Frage verwendet. Die größten Geister der Menschheit haben mit dem Theodizee-Problem gerungen, und es hat sich keine befriedigende Antwort herausgeschält.“

Einige rufen den freien Willen auf. Andere zitieren die Vorbestimmung. Noch andere wieder betrachten Gut und Böse als entgegengesetzte kosmische Mächte, die in einem ewigen Konflikt gefangen wären, wobei die Menschen darum kämpften, ihnen in einer grausamen und unnachgiebigen Welt treu zu sein. 

Noch eine andere Lösung besagt, Leiden sei eine Illusion, weil alles Gott und daher alles gut sei. Das klingt zwar tröstlich. Es beraubt die Entscheidungen im Leben jedoch ihres ethischen Kontexts. Einige Handlungen sind eindeutig böse. Auschwitz wird niemals gut sein.

Sowohl Freude als auch Leid ereignen sich, und Gott – wie auch immer begriffen – geht durch all das mit uns. Wir sind frei geboren. Wir haben die Wahl.

Quelle: JA-Zeitschrift - Ausgabe 05 2018