Der Reimhansl 

Titelbild: Der Reimhansl


Für Kinder ab 9

Mit Humor gegen Spötter?

"Ein verkalkter alter Narr!" – Wer will sich schon als so einer verspotten lassen?

Alle Kinder verspotten den alten Reimhansl. Warum auch nicht?
Er redet ja wie ein Verrückter! Auch Hansi spottet tüchtig mit –
bis er merkt, dass er und der Alte etwas Gemeinsames haben.

(Titelbild: Sabine Saage-Pickel)


Leseprobe

Wie fast jeden Tag spielen Hansi und seine Freunde wieder einmal auf der Straße Völkerball.
      "Achtung, Leute! Reimhansl in Sicht!", meldete Karli gegen drei Uhr.
      "Der alte Schleicher", murmelte Felix düster.
      Hansi bekam auf einmal Herzklopfen. Er war in letzter Zeit nie mehr dabei gewesen, wenn sie den Alten verspottet hatten. Und genau das würden sie jetzt wohl wieder tun...
      Als sich der Mann bis auf zehn Meter genähert hatte, unterbrachen die Kinder das Spiel und wichen schweigend auf den Straßenrand aus. Der Alte blickte scheu vom einen zum anderen und schien zu ahnen, dass die plötzliche Stille nur die Ruhe vor dem Sturm war, der gleich über ihn hereinbrechen würde.
      Hansi schaute verlegen vor sich hin. Auch er ahnte, was jetzt kommen würde, und es war ihm furchtbar peinlich zumute. Zugegeben – früher hatte er genauso dumm wie die anderen gespottet und herumgebrüllt; doch inzwischen...
      "Schönen guten Tag, Herr von Reimhansl!", ging es los – natürlich wieder mit Felix! Hansi hätte ihm am liebsten mit dem Taschentuch den Mund zugestopft.
      "Schönes Wetter heute, wie?", setzte Friedl die Hänselei fort, und seine Schwester Elke fügte übermütig hinzu: "Gestern war’s Wetter noch schöner, oder?"
      Diese blöde Gans! Die hatte ja gar keine Ahnung ...
      Hansi ballte wütend die Fäuste.
      Der Reimhansl starrte geradeaus und schlurfte weiter.
      Warum erwiderte er nichts? Warum ließ er sich alles gefallen?
      "Reimhänschen! Sag ein lustiges Sprüchelchen!", quiekte die kleine Lina und hopste wie ein Gummiball vor dem Alten herum. Der blieb endlich stehen. Er zeigte mit dem Stock auf sie und brummte:

"Du frecher Spatz,
dich holt die Katz’!"

     Da kreischte die Kleine vor Vergnügen auf, und die anderen gaben ein Gelächter von sich, das dem Gewieher von Pferden ähnelte. Hansi stand stocksteif da.
     "Hört auf, ihr Teppen!", brüllte er auf einmal. Aber die anderen hörten es gar nicht, denn sie schrien allerlei Unfug durcheinander. Der Reimhansl marschierte tapfer weiter. Anscheinend hatte er Hansi in dem Kindergewirr nicht entdeckt.
      "Hört auf!", rief Hansi wieder, doch die anderen achteten nicht darauf. Erst als sich der Alte ein Stück entfernt hatte, wurde ihnen bewusst, dass es da jemanden gab, der nicht zu ihnen hielt; und dieser Jemand sagte jetzt – zu seiner eigenen Verblüffung – gereimt:

"Ihr seid hundsgemein!
Müsst ihr denn so schrei’n?"

     Da gab’s zuerst verdutzte Gesichter. Auf einmal platzte Gundi heraus: "Jö! Hier haben wir noch so einen Reimhansl!"
      "Reimhansi!", verbesserte ihr Bruder Felix. Er fing wie ein Verrückter zu lachen an, sodass er damit alle ansteckte – außer Hansi. Der stand mit bitterböser Miene da und wusste keinen einzigen Reim mehr. Gundi verneigte sich spöttisch vor ihm und rief:

"Seht: Hansi, unser Dichter!
Nur noch in Reimen spricht er."

     Das Gelächter schwoll an. Hansi verlor die Beherrschung.
      "Du blöder Trampel!", fauchte er. Doch Gundi erwiderte keck:

"Hört, hört! Der kleine Hampelmann,
der schreit mich glatt als ‘Trampel’ an!"

     Der Gelächtersturm erreichte einen neuen Höhepunkt. Trude, die ebenfalls ihre Reimkunst beweisen wollte, versuchte wieder einmal mit ihrem abgedroschenen "Hansi, Schimpansi!" aufzutrumpfen.
      "Dir fällt auch immer nur derselbe Schwachsinn ein!", wandte sich Hansi wütend an Trude.
      "Und dir fällt überhaupt nichts ein!", gab sie schadenfroh zurück.
      "Reimhansi! Reim uns was vor!", kreischte Lina, und sie fing genauso vor Hansi herumzuhüpfen an, wie sie es vorhin beim Reimhansl getan hatte. Hansi biss sich grimmig auf die Lippen und zermarterte sich das Gehirn.
      Einen Reim! Jetzt nur einen Reim! Ein Königreich für einen Reim ...
      Vergeblich – Hansis Gedächtnis streikte hartnäckig.
      "Ihr seid alle Teppen! Spielt allein weiter!", schrie er plötzlich. Dann riss er das Gartentor auf, rannte ins Haus und ließ sich für den Rest des Tages nicht mehr draußen blicken.

Eine Weile schafft Hansi es, seine Freundschaft mit dem Reimhansl zu verheimlichen – bis sie allesamt Zeugen eines Unfalls werden...


Lesermeinungen:

"Pensionisten soll man nicht verspotten, schließlich wird jeder einmal alt, Kinder!" (Gymnasiastin, 13 Jahre)
"Beim Inhalt des Buches ist mir aufgefallen: Den Kindern, die im Buch vorkommen, war nie langweilig." (Volksschüler, 9 Jahre)
"Ich würde das Buch deshalb weiterempfehlen, weil es sich positiv auf die 'Sozialentwicklung' eines Kindes auswirken kann." (Krankenpfleger, 35 Jahre)

 

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