Leserkommentar zum Buch "Prentice Mulford - einer, der es wagt"
Der Buchtitel war mir schon längst geläufig – bildete ich mir jedenfalls
ein: „Prentice Mulford – einer, der es wagt“. Doch als ich wieder einmal auf der
Homepage des Frick Verlags nachschaue, stutze ich: Steht da wirklich „Muford“?
Nicht „Mulford“? Habe ich das jedes
Mal falsch gelesen und mir das Falsche eingeprägt? Ich Rindvieh!
Hastig sehe ich auf der genauen
Buchbeschreibung nach.
Ah – doch nicht Rindvieh! Da steht tatsächlich Prentice Mulford. Ich lese weiter.
Das scheint ja eine ungewöhnliche
Lebensgeschichte zu sein. Biographien von berühmten Leuten habe ich immer gern
gelesen. Aber ein Prentice Mulford ist mir weder in der Schule noch während des
Studiums untergekommen. Immerhin: Der Autor des Buches, K. O. Schmidt, ist
unter seinesgleichen kein Unbedeutender. Also: Bestell dir das Buch! – Gesagt,
getan.
Nur wegen eines Druckfehlers habe
ich ein ungewöhnliches Buch kennengelernt. So ein Zufall! Oder doch nicht? –
Nach der Meinung des Buchhelden war das bestimmt kein Zufall!
„Buchheld“ – so kann man wohl sagen! Bei seinen Abenteuern als junger Goldsucher
erinnert er mich an die Helden von Karl-May-Romanen. Mulford ist tatsächlich
„einer, der es wagt“. Während einer
Verfolgung durch räuberisches Gesindel reißt er plötzlich sein Pferd herum und
tut etwas Unerwartetes: Er schießt auf die Verfolger und treibt sie in die
Flucht. Anschließend macht er seinen Goldsuchergefährten Mut, nicht aufzugeben
und genau das Gegenteil von dem zu tun, was jeder gewöhnlich Denkende tun
würde: sich zurückziehen und das Feld den Gesetzlosen überlassen. Die Freunde
hören auf Mulford, räumen endgültig mit der Räuberbande auf und finden mehr
Gold als erhofft ...
Hier, mitten in den Abenteuern,
beginnt, was im Verlauf des Buches immer wieder und immer ausführlicher
geschieht: Mulford legt in philosophischen Gesprächen dar, worauf es ankommt: „Gefährlich
leben!“; und „erkennen, dass wir mit dem Unendlichen Geiste des Guten‘, wie wir
ihn mit Recht nennen dürfen, eins sind.“
Als abenteuerbesessener Leser
frage ich mich bald: Wann geht’s endlich weiter mit der eigentlichen
Biographie? – Ja, es geht weiter! Der Autor, K. O. Schmidt, hat ein gutes
Gespür dafür, wie viel an „philosophischen Überlegungen“ man einem Durchschnittsleser
wie mir zumuten kann.
Besonders gespannt bin ich, wie
die Sache mit dem reichen Herrn Rockefeller ausgehen wird, der mich an so
manche Ausbeuter der Gegenwart erinnert: durch Betrug zu Reichtum, durch
Reichtum zu Macht. Wird Rockefeller in Mulford ein ebenbürtiger Gegner
erwachsen? Immerhin: Als Journalist bringt Mulford es weit. Nicht einmal durch
den Chef lässt er sich von seinem Weg abbringen. Zu diesem Weg gehört auch der
Rückzug in ein selber gebautes Haus mitten in einer Art Dschungel. Mulford lebt
wie ein Einsiedler, den immer mehr Leute um Rat aufsuchen.
Und was geschieht inzwischen mit
Rockefeller?
Mulford scheint es nach der
Rückkehr in die „Zivilisation“ nicht mehr nötig zu haben, sich mit diesem alt
und kränklich gewordenen Reichen herumzubeißen. Der hat sich inzwischen
offenbar andere, vor allem mächtige Gegner herangezüchtet, und die lassen ihm
keine Ruhe. Der Reichtum schützt Rockefeller nicht vor stets neuen Ärgernissen.
Dieser Umstand hat mich kürzlich während einer Wanderung auf einen sonderbaren
Gedanken gebracht: Wer andere in Armut stürzt, stürzt sich selber in die größte
Armut: in eine geistige, moralische, seelische und letztlich auch
gesundheitliche Armut. Ohne es zu wollen, straft er sich selber.
Gerade das Geistige, nicht das
Materielle ist für Mulford das Entscheidende. Als „einer, der es wagt“,
versucht er, seine Lebensweisheiten in Buchform für andere nutzbar zu machen –
und hat sich damit wieder fürs Richtige entschieden. Nicht einmal herkömmliche
Werbung in Zeitungen braucht er, um ein großes Lesepublikum zu finden! (Das würde
ich mir für meine Bücher auch wünschen. Na, wer weiß; wenn es nach Mulfords
Lehre geht ...)
Ich möchte nicht zu viel von
dieser ungewöhnlichen Lebensgeschichte eines Amerikaners mit deutschen Wurzeln
verraten. Es ist ein anspruchsvolles, philosophisches Buch, mehr als nur
irgendeine Biographie. Es reizt einen, über grundlegende Dinge des Lebens
nachzudenken. Es ist wohl kein
Zufall, dass es seinen Weg zu mir gefunden hat (oder ich einen Weg zu ihm).
„Das ist ein Zufall“ – dieser
alltägliche Satz klingt irgendwie, als wolle man Verantwortung abschieben, als
ginge es um etwas, das einfach planlos geschieht und oft sinnlos erscheint. Ich
versuche es jetzt anders zu deuten: Was für einen Sinn kann dieser „Zufall“ gerade
für mich haben? Welcher Plan steckt
dahinter? Dazu zwei lustige Beispiele:
Vor einiger Zeit geriet ich unverhofft
in ein seltsames Unwetter: Es regnete – nein, es schüttete, der Sturm trieb den
Regen wie eine Springflut vor mir auf der Straße her. Zum Glück hatte ich keinen
Schirm mit – er hätte ohnehin nichts genützt, er hätte mich beim Rennen nur
behindert; und rennen musste ich mich, weil mir vor lauter Nässe kalt geworden
war – obwohl gleichzeitig noch immer eine Weile die Sonne [!] vom Himmel
lachte. Die lachte mich bestimmt aus. Ich muss ja wirklich spaßig ausgesehen
haben bei diesem Regengussgalopp ...
Ein paar Tage später bleibt mir
die Ausschalttaste des Computers stecken. Das Gerät streikt hartnäckig, ich brauche
unbedingt jemanden vom Computerservice. So etwas Blödsinniges ...
Und wieder ein paar Tage später –
so ein „Zufall“: Genau diese beiden „Missgeschicke“ passen – wie schon längst „von
oben“ geplant – in die Fortsetzung meines neuesten Jugendbuches hinein. Jetzt stimmt
alles zusammen!
Ja, zusammenpassen, letztlich
zusammenstimmen muss alles, auch wenn man anfangs oft nicht weiß, wie man mit
gewissen „Zufällen“ oder gar Unglücksfällen umgehen soll. Solche Zusammenhänge
zu erkennen und auch Trost und Hoffnung zu geben – das hat das Buch über
Prentice Mulford bei mir geschafft. Alles nur Zufall?