Leserkommentar zum Buch
Wenn man mit ehrsam-bürgerlichem Namen Siegfried Obermayer heißt und eines schönen Schultages von einem oberdämlichen Spotthammel den Überdrüberspitznamen „Sigispitzpudelobermayer“ ausfasst, ist das wirklich „unerhörter als unerhört“, und – man revanchiert sich bei ebendiesem Spotthammel mit einer ordentlichen Tracht Prügel! Dabei ist „Sigi Spitz“ – wie er von „normalen“ Schulkameraden wegen spitzer Nase, spitzem Kinn und manchmal spitzen Bemerkungen gerne gerufen wird –, alles andere als humorlos. Er ist sogar ausgeprägt humorvoll, er ist eigentlich der „Till Eulenspiegel“ der ganzen Klasse. Aber alles hat eben schließlich doch seine Grenzen!
Auch der Humor seiner Tante Margit – „Tante Maggi“ – wie Sigi sie zärtlich-spitzbübisch nennt – ist zurzeit ganz hart an der Grenze der Belastbarkeit. Sie muss sich Anrufe seines Klassenvorstands oder gar seines Schulleiters anhören, weil Sigi sich immer wieder zu dummen Streichen von Schulkameraden mit „Wahnsinnsideen“ verleiten lässt! Diese „Schulkameraden“ sind leider oft alles andere als echte Kameraden – wenn’s brenzlig wird, ziehen sie Leine ... Sigi in seiner ausgeprägten Gutmütigkeit nimmt ihnen das aber nicht weiter übel. Er hat einfach wirklich eine überdimensionale Portion Humor!
Arme Tante Maggi! Sosehr sie Sigi liebt – er ist das Vermächtnis ihrer verstorbenen Schwester Sieglinde, und Tante Maggi ersetzt ihm Mutter und Vater, weil auch Sigis Vater schon lange nicht mehr lebt –, so groß sind ihre Sorgen und Zukunftsängste um ihren Neffen! Wie schwer, fast unmöglich, ist es, ihm beizubringen, dass er in der Schule lernen muss! Was soll aus ihrem Schützling, der nur Unfug im Kopf hat, einmal werden, wenn ständig das Damokles-Schwert des Sitzenbleibens über seinem Haupt schwebt? Wie soll er jemals eine Lehrstelle finden? Andererseits – wie soll sie unerbittlich streng zu ihm sein, wo er ohnehin eine arme Vollwaise ist?
Ja, Tante Maggi hat es schwer, sehr schwer: Immer wieder lauern Fünfer und Hiobsbotschaften im Mitteilungsheft, für die Sigi von ihr ein „Autogramm“ abzuluchsen versucht.
Wie soll ein junger Mensch mit vierzehn Jahren sich aber auch in die Befindlichkeiten der Erwachsenen hineinversetzen können? Erst als Tante Maggi in schmerzlicher Gemütserregung an Sigi appelliert: „Denk an deine Mama, wenn sie dich jetzt sehen könnte ...“, wird Sigi nachdenklich.
Vielleicht können die verstorbenen Eltern wirklich sehen, miterleben ...
Sigi – „der Schlechteste in der Klasse“ – für Tante Maggi ein Brief zum Schluchzen ...
Und dann dieser halbstarke „Freund“ Leo, der sich Sigi ständig aufdrängen will, mit Bier und Zigaretten und einer „Nebenbeschäftigung“ ...
Sigi wird immer nachdenklicher. Was tut Tante Maggi doch alles, um ihn zu versorgen – sie strickt, näht, wäscht und bügelt für andere Leute und verdient auf diese Weise das nötige Geld! Sie schenkt ihm ein wirkliches, ein geborgenes Zuhause!
Ja, Sigi wird noch um vieles nachdenklicher, als Tante Maggi kurz vor Weihnachten – ein „Trottel von einem Autofahrer“ hat sie schwer erwischt – im Krankenhaus landet! Keine Spur von heimeligen Weihnachten mit Weihnachtskeksen und einem köstlichen Weihnachtsbraten – Sigi muss alles alleine machen: Schnee schaufeln, einheizen, einkaufen, selber kochen ...
... und natürlich – Tante Maggi besuchen! Das ist das Allerwichtigste. Ach, jetzt erst weiß Sigi, dass sein „Tantchen“ wirklich wie eine Mutter für ihn ist! Und Sigi – er hat plötzlich nicht mehr nur Unfug im Kopf – beweist Durchhaltevermögen!
Wenn nur Tante Maggi bald wieder heil nach Hause kommt, alles andere muss einfach bewältigt werden, ist eigentlich nicht mehr ganz so wichtig!
Weihnachten ohne Tante Maggi – bis vor kurzem unvorstellbar ...
Sigi „besucht“ seine Eltern auf dem Friedhof und – „spricht“ mit ihnen; ja, er führt in Gedanken ein Gespräch mit ihnen! Er hat plötzlich wirklich das Gefühl, „Papa“ und „Mama“ könnten ihn sehen, hören, verstehen ... er ist nicht mehr wirklich „allein“! Er begreift nun auch den einen, einzigen, heißen „Weihnachtswunsch“ von Tante Maggi: Sigi soll sich anstrengen und die Schule schaffen. Jetzt spürt der Schlingel überdeutlich, wie viel ihm Tante Maggi wirklich bedeutet!
Jedes Mal, wenn er nun vor einer Entscheidung steht, wenn mulmige Gedanken ihn plagen – die Fünfer in der Schule, der „zwielichtige Freund“ Leo, die kärglichen Aussichten auf eine Lehrstelle –, dann „besucht“ er seine Eltern und erzählt es ihnen und – und sieht neue Wege! Sigis Eltern mischen ordentlich mit ... und der Himmel obendrein ...
Ja, es gibt sie – „die Hilfe von oben“!
Tante Maggi wird sich endlich freuen können!
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Ich habe diese humorvolle, aber auch so überaus bewegende Erzählung für junge und junggebliebene Leser nicht nur einmal, sondern immer wieder fasziniert „miterlebt“ und dabei Tränen gelacht – auch Tränen geweint!