Für Kinder ab 9
Eine Eisenbahnfahrt, die mit einer Kletterei endet ...
Aus
Eifersucht auf seine kleine Schwester ist Flori von zu Hause fortgerannt.
Das
verbotene Spiel auf dem Güterbahnhof beschert ihm eine unverhoffte
Eisenbahnfahrt.
Die
Lokomotive stieß einen gellenden Pfiff aus, und schon verschwand sie im Tunnel.
Wagen um Wagen folgte ihr mit Gebraus – es schaute geradeso aus, als würde der
Berg den ganzen Zug in sich hineinschlürfen. Noch waren die letzten Waggons im
Freien, noch sausten an Flori dunkle Fichten vorbei. Doch schlagartig wurde es
rundherum stockfinster! Ein heftiger, kalter Luftzug stieß Flori fast zu Boden,
und ein fürchterliches Getöse begann. Flori schrie vor Angst auf, aber er
konnte seine eigene Stimme kaum hören, so entsetzlich laut war das Brausen und
Toben in dem Tunnel. Weiter vorn, an der Spitze des Zuges, huschte über die
Wände ein gespenstisches, gelbliches Licht. Es kam von den Scheinwerfern der
Lokomotive. Aber es war so schwach, dass Flori nichts erkennen konnte. Die
Tunneleinfahrt schaute bald nur noch wie ein kleiner, weißer Fleck aus, der auf
einmal verschwand. Im selben Augenblick mischte sich in den Höllenlärm im
Tunnel ein schauerliches Kreischen.
Was
bedeutete das? War mit den Rädern des vorderen Waggons tatsächlich etwas nicht
in Ordnung? Was dann, wenn die Achsen brachen?
Flori
hielt den Atem an und wartete nur noch darauf, dass es einen fürchterlichen
Knall geben würde ...
Das
unheimliche Kreischen wurde lauter. Flori spürte, wie ein sonderbares Rucken
durch seinen Wagen ging – geradeso als würde sich eine Kraft dagegenstemmen.
Der kalte Luftzug ließ ein wenig nach, und plötzlich flitzte ein rötliches
Licht vorüber – ein Signal! Da wusste Flori, was das Kreischen bedeutete: Der
Zug bremste.
Du
lieber Himmel, er würde doch nicht im Tunnel stehen bleiben! Warum sollte er
das? Hatte etwa irgendjemand bemerkt, dass auf dem letzten Waggon ein „blinder
Passagier“ hockte? Hatte jemand die Streckenleitung verständigt, sodass sie den
Zug anhalten ließ? Mitten im Tunnel???
Flori
starrte nach vorn zum Licht der Lokomotive. Er konnte nichts erkennen. Ein
paarmal spürte er etwas Feuchtes im Gesicht und auf den Händen. Anscheinend
tropfte es von der Tunneldecke herunter.
Das
Getöse wurde leiser.
Täuschte
sich Flori? Nein – der Zug fuhr langsamer. Wie lange war er schon unter dem
Berg dahingebraust? Fünf Minuten? Oder nur zwei? Oder nicht einmal eine Minute?
Flori wusste es nicht. Vor Angst hatte er das Zeitgefühl verloren.
Auf
einmal tauchten die Umrisse der vorderen Waggons auf, und plötzlich stieß der
Zug wieder ins Freie. Der Tunnel war zu Ende!
Flori
atmete auf. Er spürte einen warmen Wind im Gesicht und merkte, dass der
Güterzug nur noch mit halber Geschwindigkeit fuhr. Würde er wirklich gleich
stehen bleiben?
Die
rote E-Lok verschwand soeben hinter einer Felswand, die auf der rechten Seite
in die Höhe ragte. Auf der linken Seite drängten sich Bäume und Büsche eines
dunklen Waldes.
Flori
schaute zum Tunnel zurück. Der Berg, durch den der Zug gefahren war, wirkte
nicht besonders hoch. Bevor Flori ihn genauer betrachten konnte, rollte auch
der letzte Waggon um die Rechtskurve, sodass die Felswand die Sicht zum Tunnel
versperrte.
Flori
blickte wieder nach vorn. Die Lokomotive bog jetzt nach links, überquerte kurz
darauf eine Brücke über einen tosenden Gebirgsbach und bog anschließend
abermals nach rechts. Plötzlich begannen die Bremsen neuerlich zu quietschen.
Flori bemerkte gleich die Ursache: ein Signal, das „Halt“ anzeigte! Der Zug
musste also stehen bleiben.
Aber
warum mitten in dieser Wildnis? Hatte wirklich jemand wegen Flori die
Streckenleitung verständigt?!
Langsam
näherte sich die rote E-Lok dem Signal. Der Zug rollte im Schritttempo dahin,
aber er stand noch nicht. Da wechselte das Signal von Rot auf Grün.
Freie
Fahrt!
Flori
starrte ein paar Sekunden auf das grüne Licht, dann beugte er sich über die
Bordwand. Die Felsen auf der rechten Seite der Strecke reichten an dieser
Stelle nicht so nahe an den Bahndamm heran, sie ließen Platz für ein schmales
Stück Wiese mit niedrigen Sträuchern. Hier konnte man abspringen!
Das
Quietschen der Bremsen verstummte. Ein Ruck ging durch alle Waggons – die
Lokomotive zog wieder an!
Soll Flori vom Zug abspringen? Wo ist er hier überhaupt? Und wie soll er wieder nach Hause gelangen? Daheim weiß keiner, wo er steckt ...
aus diesem Buch
aus diesem Buch
zu diesem Buch:
Titel: "Flott unterwegs"
von Toni Traschitzker
Dieses Buch bestellen